Pressestimmen
Studio-Bühne wird zur neuen Herzens-Heimat für Flüchtlinge
„Theater-Projekt bringt junge Menschen aus Syrien, Polen, Afghanistan oder Italien gemeinsam auf die Bühne – und erzählt vom Ankommen und Fremdsein
Zu wummernder Musik tigern die Jugendlichen über die Bühne. Sie blicken sich nicht ins Gesicht, scheinen sich um ein Haar anzurempeln und berühren sich doch nie. Dann plötzlich bilden sie einen Kreis, fassen sich an den Schultern, die Köpfe voneinander abgewandt. Für Abdul Darvish, Ferhad Diko und Hassan Al-Biezer ist die Rolle ganz neu. Sie stammen aus Syrien, sind geflüchtet vor Krieg, Zerstörung, Hass und Tod. Und spielen nun Theater.
Ein interkulturelles Projekt, das die Studio-Bühne in Kray zusammen mit dem Jugendmigrationsdienst auf die Beine gestellt hat, macht es möglich. Unter dem Titel ‚Mein Herz hier und dort‘ erzählen junge Menschen wie Abdul, Ferhad und Hassan von ihren Erlebnissen. Echt, unzensiert, ernsthaft, aber auch mit einem Augenzwinkern. Im Ensemble treffen sie auf Jugendliche aus anderen Ländern – Italien, Polen, Deutschland.
Am Anfang, erinnert sich Hassan, sei es alles andere als leicht gewesen, sich auf das Theaterspielen einzulassen. Durch einen Integrationskurs wurde er auf das Theaterprojekt aufmerksam, ging zu einem Vortreffen – und blieb der Bühne treu. ‚Am Anfang war ich schüchtern, das hat sich jetzt gelegt.‘
Anteil daran haben nicht nur die anderen Projektteilnehmer, sondern auch Regisseurin und Dramalehrerin Stefanie Beckmann, ‚Frau Stefanie‘, wie sie von ihren Schützlingen liebevoll genannt wird. Mit diesen hat sie lange Gespräche geführt, Notizen gemacht, die in einigen Nachtschichten in eine dramaturgische Form gebracht wurden. ‚Ich konnte auf diese Weise den Jugendlichen Anregungen mitgeben – was sie aber daraus gemacht haben, ist allein ihre Arbeit.‘
Entstanden sind Spielszenen, Monologe sowie eher visuelle Sequenzen des Bewegungstheaters. Ein recht hoher Abstraktionsgrad sei schon deshalb nötig, so Beckmann, da man mit Themen wie Krieg und Tod umgehe und diese für die Teilnehmer ohnehin allzu greifbar seien. Den Akteuren ist es jedenfalls gelungen zu abstrahieren, ohne zu entfremden. Ihre Darstellung ist lebhaft, gefühlvoll, mal zart, mal stürmisch – auch wenn es einmal ohne Sprache zugeht.
Trotzdem, weiß Ferhad Diko, ist die Sprache ‚zu 100 Prozent wichtig‘. Durch den Kontakt bei den Proben, der längst über das Theaterspielen hinaus geht, haben sich auch die Deutschkenntnisse der Nachwuchsschauspieler verbessert. Der Kontakt soll weiter bestehen, die Erinnerungen bleiben sowieso. Vielleicht werden sie andere, weniger schöne Erinnerungen nicht komplett überlagern. Aber sie helfen, mit zwei Herzen zu leben. Ein Herz hier, ein Herz dort.“